Integrative Überbetriebliche Ausbildung bei Wien Work und Berufsschule in Zeiten von Corona

01.04.2020

  • Teammeeting virtuell © wienwork

Unsere Integrative überbetriebliche Lehrlingsausbildung ist jetzt voll digital!

Wir trotzen der Coronakrise und setzen alles dran, unsere 180 Lehrlinge mit einem super engagierten Ausbildungsteam durch diese schwierige Zeit zu begleiten. So ist auch weiterhin die inhaltlich-fachliche Begleitung und die Weiterführung des Unterrichts an der Berufsschule sichergestellt.

Gemeinsam werden wir es schaffen, und wir Wien Worker*innen sind sehr stolz auf euch alle - auf das gesamte Ausbildungsteam und natürlich ganz besonders auf unsere Lehrlinge.

Ganz unten am Ende dieses Beitrags findet sich ein Kurzfilm dazu.

Ein Zwischenbericht:

Seit 17. März 2020 führen wir die Überbetriebliche Integrative Berufsausbildung bei Wien Work gemäß den Vorgaben der Bundesregierung disloziert - also nicht am Standort Seestadt, sondern von zu Hause aus - vollumfänglich fort.

„Von heute auf morgen im Home Office und voll digital“

Oberste Priorität war von Tag eins an, unsere Lehrlinge nahtlos „im System“ behalten zu können. Ihre fachliche Ausbildung wird in vollem Umfang fortgeführt, ihr Ausbildungserfolg und ihre Arbeitsmarktchancen werden damit trotz Krise unterstützt. Keine leichte Übung, denn auch für die Berufsschule muss nun mit Unterstützung unserer Fachpädagog*innen von zu Hause aus gelernt werden.

Unser Ausbildungskonzept wurde für die Krise adaptiert – telefonischer Kontakt und fachlicher Unterricht, Online-Learning für die Fachpädagogik und Berufsschule, neue Medien für den täglichen Kontakt, neue Arbeitsmittel und –weisen für das Team… so vieles musste bedacht werden. Auch die Kommunikationsstruktur mit den Lehrlingen und im Team wurde komplett neu aufgestellt.

Die tägliche Morgen-Konferenz nützt das Team zur Abstimmung

Teammeeting virtuell ©wienwork

Neben der fachlichen Ausbildung und den Berufsschulinhalten kommt es für unsere Lehrlinge auf Stabilität und psychosoziale Unterstützung an. Unsicherheit und Ängste, wie auch Erwachsene sie zurzeit erleben, betreffen unsere Zielgruppe möglicherweise noch intensiver als viele andere. Manche Lehrlinge finden Halt in der Familie, doch in vielen Fällen ist die familiäre Situation oder Wohnsituation belastend und mit dem Home-Office fällt für die Lehrlinge der wichtige soziale Kontakt zu den Wien Work Kolleg*innen und Ausbilder*innen schmerzlich weg.

Nähe und enge Zusammenarbeit trotz sozialer Distanz und Home-Office

Wissensvermittlung ist das Eine – Stabilität, Unterstützung, Halt und soziale Zugehörigkeit sowie die Motivation aufrecht zu erhalten das Andere! Beides ist für die erfolgreiche Weiterführung der Ausbildung gleichermaßen wichtig.

Dies ist insbesondere von Bedeutung, da sich auch in der laufenden Ausbildung immer wieder zeigt, wie wichtig eine nachgehende Betreuung der Jugendlichen nicht nur im Hinblick auf den aktuellen Lernfortschritt ist. Umso wichtiger ist es in dieser Situation, engen Kontakt zu unseren Lehrlingen zu halten! Vorerst musste daher mit den Jugendlichen ein strukturierter Alltag für die Krisenzeit erarbeitet werden:

Der neue Alltag braucht eine klare Struktur

Tagesablauf eines Lehrlings in Zeiten von Home-Office und Corona ©wienwork

Im Fokus: Vermitteln von Sicherheit bezüglich der aktuellen Lage (Unsicherheiten und "Schreckensmeldungen" ausräumen) und unterscheiden: Was sind seriöse Informationsquellen, was sind "Fake News"?

Im Krisenkonzept setzen wir auf fünf ineinander greifende Elemente:

1. Element: Täglicher Kontakt mit den Lehrlingen durch unsere Ausbilder*innen

  • Mehrmals täglich halten die Ausbilder*innen Kontakt mit ihren Gruppen. Neben fachlichen, auf das jeweilige Berufsbild ausgerichteten Inhalten, stehen dabei auch soziale Fragen und Alltagsfragen im Vordergrund. Die Lehrlinge müssen zur üblichen Arbeitszeit für das Ausbildungsteam erreichbar sein und ihre Aufgaben und Aufträge erledigen.

  • Es werden die persönliche Befindlichkeit und etwaige neue Entwicklungen und Bedürfnisse der Jugendlichen abgeklärt. Die Bedeutung der „virtuellen Anwesenheit zur Arbeitszeit“, also der Erreichbarkeit wird hier seitens der Ausbildung immer wieder betont.

  • Mögliche praktische Übungen werden besprochen, Videolinks bezüglich der praktischen Arbeit weitergeleitet, auf erledigte Aufgaben wird Feedback gegeben.

  • Zusätzlich finden Fachgespräche statt, in Planung sind virtuelle Prüfungssimulationen via Videokonferenzschaltung.

  • Vielfach bleibt es nicht bei einem Kontakt, und die Jugendlichen melden sich auch mit „kleinen Wehwehchen des Alltags“. In diese Stufe fallen auch Anregungen zur Freizeitgestaltung: Vielfach regen die Ausbildner*innen zu sportlicher und kultureller Betätigung an und nutzen auch hier neue Medien. Viele der Lehrlinge beteiligen sich mit Begeisterung an einer täglichen „sportlichen Challenge“, von der sie Bilder oder kurze Videos in die Chatgruppen stellen.

Der "Morgen-Rundcall"

Der Tag beginnt mit dem sogenannten "Morgen-Rundcall" – dabei zeigt sich so manche charmante Tücke der digitalen Welt, wie z.B. die "Autokorrektur" bei WhatsApp:

WhatsApp-Dialoge und die Tücken der Autokorrektur ©wienwork

Die Mitarbeiter*innen der jeweiligen Ausbildungsteams sind während der gesamten Arbeitszeit und oft auch darüber hinaus für unsere Lehrlinge erreichbar. Das ist deshalb so wichtig, weil gerade in diesen bewegten Zeiten auch über die Arbeit hinaus Fragen, Sorgen, alltagspraktische Anliegen oder einfach das Bedürfnis „zu Reden“ eine wichtige Rolle in der Betreuung der Jugendlichen spielen.

2. Element: Täglicher Kontakt mit den Lehrlingen durch unsere Fachpädagog*innen

Lernen neu definiert: Nutzung von Onlinelösungen, Lern-Apps und Lerndatenbanken

Auch die Fachpädagogik hat mehrmals täglich Kontakt zu den Lehrlingen. Schließlich läuft die Berufsschule weiter, die Arbeiten im Home Office fließen in die Benotung ein – und für unsere Absolvent*innen 2020 kommt es auf einen positiven Schulabschluss an. Nur dann steht der Lehrabschlussprüfung nichts im Wege. Interaktive Bearbeitung der Aufgaben sowie detailliertes Feedback durch die Fachpädagog*innen sind wesentliche Elemente des Unterrichts in Zeiten von Corona.

Zum Lernen nutzen wir diverse Onlinelösungen, Apps und Lerndatenbanken der Berufsschulen. So nutzen wir z.B. Antonoder 4teachers. Der Zielgruppe angepasst ist auch das Angebot von matheking. Weitere Apps, die zum Einsatz kommen, sind etwa eSquirrel sowie goStudent.

E-Learning Tools ©wienwork

Virtuelle Klassenräume - Ausbildung im "Corona-Alltag"

Durch spürbare Überlastung waren zahlreiche Plattformen (auch der Berufsschulen) teilweise überlastet und fallweise war ein Arbeiten damit nicht möglich. Diese Situationen werden weiterhin spontan durch individuell erstellte und den Lehrlingen übermittelte Aufgaben überbrückt, deren Erledigung selbstverständlich von den Betreuer*innen kontrolliert und dokumentiert wird.

Durch eine engmaschige Betreuung wird Struktur und interaktives Lernen sicher gestellt. Schulische Leistungseinbrüche oder Drop Outs werden verhindert. Unsere Lehrlinge sind zusätzlich gefordert, wenn sie plötzlich selbständig lernen sollen, sich ihr Tagespensum selbst einteilen und erarbeiten sowie regelmäßig Berichte an die Berufsschule schicken müssen.

Nach den ersten zwei Wochen hat sich gezeigt, dass unser Konzept funktioniert: Alle Lehrlinge arbeiten motiviert mit, halten sich an die Vereinbarungen und liefern pünktlich ihre Aufgaben ab.

Wo keine technischen Möglichkeiten zur Verfügung stehen, wird „old school“ gelernt - mit Papier und Bleistift oder Kugelschreiber. In der Not weiß man sich zu helfen, denn nicht jeder Lehrling ist mit einem Smartphone ausgestattet und schon gar nicht mit einem Drucker oder eigenem PC.

Homeoffice der Lehrlinge - Prüfungsvorbereitung und Vermittlung von Fachinhalten

Ein reger Austausch zwischen Ausbildungsteams und Berufsschulen ermöglicht vor allem jenen Lehrlingen, die knapp vor ihrer Lehrabschlussprüfung stehen, auf diese Weise von mehreren Seiten intensive Unterstützung zu erhalten.

Jene Lehrlinge, die aufgrund der Teilqualifizierung nicht die Berufsschule besuchen, werden ebenfalls von Ausbilder*innen und Fachpädagog*innen individuell betreut. Da gerade diese Lehrlinge meist auch einen höheren Aufholbedarf an schulischem Grundlagenwissen aufweisen, wird hier vermehrt mit allgemeinen Lernplattformen gearbeitet. Somit sind auch die Lehrlinge in der Teilqualifizierung in einen Arbeitsprozess eingebunden, erhalten ein Schema für einen strukturierten Tagesablauf und sind bestens betreut.

So sieht ein Home-Office-Arbeitsplatz eines Lehrlings von Wien Work aus - es "riecht" hier eindeutig nach Arbeit:

Home-Office eines Lehrling in Zeiten von Corona ©wienwork

3. Element: Sozialarbeiterische Begleitung

Mindestens einmal wöchentlich werden alle Lehrlinge von den Sozialarbeiter*innen aktiv kontaktiert, um Probleme rasch erkennen zu können und entsprechend gegensteuern zu können.

Darüber hinaus gibt es auch anlassbezogene Kontakte bei aktuellen sozialen Fragen oder wenn im Ausbildungsteam Auffälligkeiten bemerkt werden, die einer sozialarbeiterischen Intervention bedürfen.

Um zusätzliche Unterstützung in dieser für alle sehr herausfordernden Zeit zu gewährleisten, sind die Sozialarbeiter*innen enger als sonst in die berufsspezifischen Gruppen eingebunden. Sie stehen den Jugendlichen verstärkt für Fragen Verfügung, die über den derzeitigen „Arbeitsalltag“ hinausgehen. Die Lehrlinge können sich mit den Sozialarbeiter*innen bilateral abstimmen und erhalten so Information und Hilfestellung.

4. Element: Psychologische Beratung im Krisenfall

Die psychologische Beratung im Krisenfall soll die Jugendlichen durch diese außergewöhnliche Zeit bringen und ein Wegbrechen bzw. einen Abbruch zu verhindern. Unsere Psychologin steht für - manchmal auch längere – Krisen-Gespräche zur Verfügung. Manchmal fungiert sie wenn erforderlich auch als Drehscheibe und vermittelt an außenstehende weiterführende Dienste.

5. Element: Das Ausbildungs-Team ist Gesprächspartner*in für alle Themen, Anliegen und Fragen unserer Lehrlinge auch außerhalb der Ausbildung

Vielfach wird dieses Angebot einfach zum „Quatschen“, zum Chatten oder Plaudern genutzt. Social Distancing heißt für unsere Jugendlichen oft auch Einsamkeit. Einem erhöhten Gesprächsbedarf abseits der fachlichen Inhalte begegnen wir mit diesem zusätzlichen Angebot durch ehrenamtlich mitwirkende Fachkräfte.

Dokumentation - auch in Corona-Zeiten lückenlos

Dokumentiert wird selbstverständlich auch in Krisenzeiten professionell und nachvollziehbar: Alle Kontakte werden von den Ausbildungsteams - wie bereits vor der Corona-Krise - in einer Datenbank dokumentiert. Dies ermöglicht eine rasche überblicksmäßige Erfassung der virtuellen Anwesenheiten und Lernfortschritte.

Diese Dokumentation sowie die Notwendigkeit zu zahlreichen Einzelgesprächen/Videochats aufgrund der individuell unterschiedlichen Lebenssituationen fordern von den Betreuungsteams ein Höchstmaß an zeitlicher wie auch inhaltlicher Flexibilität.

Betreuung unserer schwerhörigen und gehörlosen Lehrlinge

Dass auch die schwerhörigen und gehörlosen Lehrlinge in Zeiten wie diesen bestens betreut werden, versteht sich bei Wien Work von selbst. Dafür sorgen unsere Kommunikationsassistent*innen, die auch fachpädagogisch mit den Jugendlichen arbeiten.

ÖGS Lernunterstützung durch Kommunikationsassistenz ©wienwork

Herausforderung Ausgangsbeschränkungen und Erhalt körperlicher Fitness

Dem Bewegungsmangel durch die Ausgangsbeschränkungen und der ungewohnten sitzenden Arbeit wirken wir mit Sport- und Fitnessangeboten entgegen. Schließlich ist bei vielen unserer Lehrlinge eine gewisse Grundkondition Voraussetzung für den Beruf – und die will auch in Corona-Zeiten erhalten bleiben.

Aber auch zwischen den vielen virtuellen Lerneinheiten und Telefonaten ist es manchmal hilfreich, mit etwas Bewegung zu Hause den Kopf freizukriegen und neue Energie für den Ausbildungsalltag zu bekommen.

Bewegung ist ein fixer Bestandteil des Tagesablaufs. Dazu nützen wir auch digitale Angebote wie z.B. sport.noeschule oder kids.sandiegozoo.

Vielfach setzen die Lehrlinge und Ausbilder*innen auf gegenseitige Motivation, die sich über anspornende WhatsApp-Videos oder Bilder leicht verbreiten lässt. Hier kommt die Fitness am Ende des Tages nicht zu kurz:

Bleib fit! Liegestützübung eines Lehrlings ©wienwork

Im Corona-Modus: Wir sind stolz auf unsere Mitarbeiter*innen und auf unsere Lehrlinge!

Wenngleich wir uns auf den Tag freuen, an dem wir die Ausbildung wieder am Standort Seestadt und in den Partnerbetrieben fortführen können, sind wir doch gerüstet und hoch motiviert für die kommenden Wochen im Corona-Modus.

Für unsere Lehrlinge soll diese Zeit keinen Nachteil für ihre Ausbildung haben – gesund, fachlich gewachsen und psycho-sozial stabil sollen sie diese nach Corona wieder aufnehmen und erfolgreich fortführen können.

Möglich macht dies das engagierte, kompetente und flexible Ausbildungsteam von Wien Work! Mit großem Einsatz, viel pädagogischem Gespür, fachlicher Kompetenz und Kreativität begleiten sie die Lehrlinge durch diese herausfordernde Zeit.

Ein herzliches Dankeschön dafür!

Wir sind stolz auf unsere Mitarbeiter*innen und auf unsere Lehrlinge!

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